Mit ihrem fünften Studioalbum „An das Gestern, das nie Morgen wurden darfte. Ich warte“ tauchen Buntspecht in eine intensive, melancholische und zugleich doch kraftvolle Gefühlswelt ab, die nicht nur Dagewesenes hinterfragt, sondern vor allem die Realität neu beleuchtet und im Kollektiv die Wahrheiten unserer Gegenwart zu erfassen versucht.
Beinahe jeder Song auf dem Album macht ein neues Universum auf, weist in eine andere Richtung, aber alle zusammen bilden sie auf nahezu magische Weise eine Einheit, ein homogenes Werk. Immer noch sind in dieser Musik Ahnungen von Jazz, Balkan Beats, Chanson, Blues, Klezmer vorhanden, aber Buntspecht gelingt es hier so gut wie noch nie, aus der Vielzahl ihrer Einflüsse ein stimmiges Ganzes und somit ein zauberhaft schwelgerisches Indie-Kammerpop-Album zu formen, das so klingt wie nichts anderes da draußen gerade.
Buntspecht sind eine mitreißende Live-Band, wer sie einmal gesehen hat, wird das nicht wieder vergessen, aber die Basis für ihre orgiastischen Konzerte und überhaupt ihre Kunst ist das absolute Bekenntnis zur Gruppenarbeit auf engstem Raum, diese Musik kann nur entstehend und gedeihen, wenn sie gemeinsam entwickelt wird. Die technischen Möglichkeiten haben in der Musikproduktion in postdigitalen Zeiten eine Vereinzelung gefördert, die effektiv und vor allem kostengünstig sein kann, die Entstehungsgeschichte von »An das Gestern, das nie Morgen wurden darfte. Ich warte« ist hingegen ein flammender Appel für analoge Räume und die Kraft des Kollektivs. Ein Raum, fünf Freunde und ihre Instrumente: Das war für Florian Röthel, den Bassisten Jakob Lang, den Saxofonisten Roman Geßler sowie für Klein und Scheicher die wesentliche Maßgabe.
Vor allem ist »An das Gestern, das nie Morgen wurden darfte. Ich warte« aber ganz banal gesprochen das Ergebnis der Freundschaft der fünf Menschen, die Buntspecht sind. »Identität spielt bei uns generell keine so große Rolle, darüber haben wir uns nie Gedanken gemacht«, sagt Scheicher. »Wir fragen uns nicht, was für eine Art von Band wir sind, dadurch waren wir von Anfang an sehr frei. Wir sind aus den unterschiedlichsten Zusammenhängen zusammengekommen und diese Mischung an Leuten und die Stimme von Luki sind es letztlich, was uns ausmacht.«
Die Popmusik von Buntspecht ist von einer dystopischen Romantik, einer radikalen wilden Schönheit, einer wahnsinnigen Intensität sowie von einer Aufrichtigkeit und künstlerischen Freiheit, die in diesen Tagen ihresgleichen sucht. Niemand klingt aktuell wie Buntsprecht auf »An das Gestern, das nie Morgen wurden darfte. Ich warte«. Sie sind ganz allein da draußen.