Weniger ist mehr. Wenn Hannes Ringlstetter Texte schreibt, geht das vom Vielen zum Wenigen. Reduzieren
braucht Zeit, sagt er. Was dabei herauskommt: Gar kein Weltschmerz. Ganz viel echtes Leben. Und
Substanz. In einer Sprache, die den Kern der Dinge freilegt und mit dem Witz, den es braucht, um das
echte Leben auszuhalten.
Sein neues Album heißt ‚Heile Welt‘. Ironisch gemeint? Nur ein Stück weit. Die
heile Welt von Hannes Ringlstetter, dem Musiker, den das Leben und
die ungezügelte Kreativität auch zum Kabarettisten, Schauspieler,
TV-Moderator und Buchautor gemacht hat, ist kein glattes Idyll.
Sie ist für ihn irgendwie auch ein Sehnsuchtsort. Da
sind Zweifel, Risse, Sehnsucht
und die Nacht –
genauso
wie
Familie, Supermarktkassenkräfte
und Menschen, die Dir mit einem Blick
den Tag versauen. Auf jeden Fall macht er Musik, die er mit seinem Publikum
teilen will. Ganz schön nah. Nähe ist da sowieso viel in allen Geschichten, die er auf diesem Album
erzählt. Nähe zu sich selbst und dem brüllenden Leben.
„Hinterher“ zum Beispiel - ein wirklich großes Liebeslied - beginnt mit einem walzerleichten Piano,
dann reißt Hannes Ringlstetter grummelnd den Vorhang auf: „I bin ja wirklich a schweres Kaliber…“.
Ein Raubein, das dann aber sein Gegenüber und sich selbst in feinsinnigen Metaphern beschreibt:
„… du bist tief aber du bist net schwer - und ich lieb dir hinterher“.
„Julinacht“ ist ein Song fast wie zum Anfassen - eine unglaublich sympathische Selbstbetrachtung beim
Warten … irgendwo am Ska und zwingend tanzbar, mit dem leicht schwermütigen, vor allem aber
lebenstrunkenen Gefühl einer schwülen Sommernacht.
In „Bleiben“ geht es wieder um die Liebe – die langjährige. Eigentlich ist es ein ganz warmes und erkenntnissreiches
Plädoyer für Reflektion & Innehalten: „Bleiben is ned leicht, aber geh‘, des kann a jeder.“
Die Verbindung kommt über die unverkennbare Stimme. Sie öffnet das Fenster zu Hannes Welt. Mal
knarzend wie krumme Wirtshausdielen zur Sperrstunde, mal sanft und leise, aber immer mit der unwiderstehlichen
Anziehungskraft und der sonoren Tonfülle seines Basses. Schon in der Stimme liegt die
Lust am Leben in all seinen Schattierungen. Dazu gibt es eingängige Gitarrenmelodien, große Bläsersätze
– und so banal, wie richtig: Gute Musik. Seine musikalischen Gefährten bewegen sich dicht rund
um sein Reibeisen, lassen ihm aber immer genügend Raum. Genau darin liegt die wohltuende Kraft
von „Heile Welt“: Hier ist keine Effekthascherei, nichts Gestelltes – sondern die Reduzierung auf einen
emotionalen Kern.
Ein Stück heile Welt? Unbedingt.